Sofa zum Verstecken als Kindheitsstrategie

Wege aus der Kindheitsfalle: Rückzug ist (k)eine Lösung

Hast Du auch schon großen Schmerz erlebt? Ziehst Du Dich bei Problemen auch lieber zurück, statt um Hilfe zu bitten?
Und hast Du Dich auch schon immer gefragt, wie Du diese Muster wieder loswerden kannst, weil Du heute unter den Folgen leidest?
Wenn JA, dann lies diesen Blogbeitrag mit meinen eigenen Erfahrungen und was bei mir selber hilft.

Sofa zum Verstecken als Kindheitsstrategie

Zurück in der Kindheit – Schmerz lass nach

Ich kann mich erinnern, dass ich im Alter von 5 Jahren schlimme Bauchschmerzen hatte und mich dann wie ein angeschlagenes Tier hinter dem Sofa versteckt habe. Den Ärzten war es damals ein Rätsel, warum ich immer wieder so starke Schmerzen hatte. Meine Eltern befanden sich in der Trennungsphase und haben sich wahrscheinlich viel gestritten, und ein 6-jähriger versteht dies alles nicht, aber er hat Bauchschmerzen. Hinter dem großen Sofa war ganz offensichtlich mein Schutzraum bei kräftigen Schmerzen, und es hat mir geholfen, dies zu überstehen. Viele Jahre habe ich gebraucht und etliche Therapien, um dies zu verstehen. Gut wäre es gewesen, ich hätte als Kind eine Umarmung erhalten und ich hätte mich beruhigt. Aber wie sollen Eltern helfen können, wenn sie selber unter Depressionen leiden und kaum emotional schwingungsfähig sind? Dann brauchen wir als Kinder halt eine eigene Bewältigungsstrategie. Für mich war es Rückzug – hinter das Sofa.

Rückzug = Schmerz lass nach

Dies habe ich auch später praktiziert, denn es war ja als Erfolgsmodell gut eingeübt und war in der Kindheit nützlich. Beim ersten großen Liebeskummer habe ich es genauso gemacht. Ich habe mich so weit es irgendwie ging zurückgezogen. Und da ich nicht immer ein großes Sofa dabei hatte, habe ich mich nach innen zurückgezogen, mich in ein Buch oder in Musik versenkt. Ich habe mich in Büchern festgelesen und mich in Arbeit gestürzt. Dann war der Schmerz besser zu ertragen und Trauer fand Ausdruck in Worten oder Musik. Und die Trauer blieb – lange. Viele Jahre habe ich meine Sofa-Rückzugs-Taktik praktiziert, bis ich in einer denkwürdigen Therapiestunde angefangen habe zu verstehen, was da heute noch mit mir passiert. Und auch, was für Folgen diese Verhaltens- und Denkstrategie für einen erwachsenen Mann hat. Wie schwierig es ist, wenn sich jemand bei Schmerz in seine Höhle zurückzieht, obwohl er eigentlich genau das Gegenteil braucht. Dies führte dann oft zu Missverständnissen, Beziehungen und Freundschaften enden, weil sie meinen Rückzug mitunter nicht richtig interpretiert, sondern auf sich bezogen haben. Dabei ist es immer nur ein Rückzug vor dem Schmerz.

Das vereinsamte Kind

Rückzug war mein Weg. Auf diesem Weg stellte sich aber auch Einsamkeit ein. Ich fühlte mich alleine mit meinen Problemen. Wie sollte mir auch geholfen werden, wenn ich in meiner Schmerzhöhle feststeckte? Umarmungen waren da schwer für mich.

An Einsamkeit kann man sich als Kind gut gewöhnen. Und dann ist Einsamkeit das ganz eigene Zuhause. Wir kommen damit gut klar und es schützt die eigene Seele. Keine Schmerzen mehr – keine Emotionen mehr, auch keine positiven. Und dann auch noch kein Lernprogramm mitbekommen, eigene Emotionen und Denkstile zu erkennen.

Der Kompass fehlt, mit sich selber in Krisenzeiten heilend umzugehen. Und eins ist sicher: glücklich wird man in der eigenen Einsamkeit nicht. Es ist aber ein Gedanke, mit dem wir gut zurechtkommen. Der gedankliche Trampelpfad ist gut programmiert – tief und fest eingetreten. Eine zementierte Strategie zum Überleben. Blöd nur, dass wir als Erwachsene so nicht glücklich werden. Für Einsamkeit und Rückzug zahlen wir einen eigenen Preis. Oft endet dieser in Emotionslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Selbstwertproblemen, Trauer und leider auch wiederkehrende mittelgradige oder schwere Depressionsphasen.

Rettung (nur) in der Kindheit

In der Kindheit haben uns bestimmte Verhaltensmuster und Denkstile geholfen, besonders schmerzhafte Dinge zu überleben. Die Muster sind tief und gut trainiert, und deshalb greifen wir auch als Erwachsene auf diese bekannten Muster zurück. Aber, was früher eine rettende Verhaltensantwort war, kann heute für uns schädlich wirken und uns daran hindern, unsere Lebensziele zu erreichen und mehr Lebensqualität zu erlangen. Deswegen ist es hilfreich, therapeutisch an diesem Problem zu arbeiten. Und heute besteht auch viel mehr Erkenntnis über die Auswirkungen einer einsamen Kindheit. Es gibt funktionierende Behandlungspfade dafür. Wenn DU auch unter diesen Kindheitsmustern leidest, solltest Du auf die Suche gehen nach der für Dich richtigen Therapieform und anfangen, Hilfe anzunehmen.

Was hat mir geholfen?

Psychotherapie war für mich ein wichtiger Schlüssel. Und bei jeder Therapie habe ich immer mehr und mehr gelernt. Therapie ist ein Prozess, der nach Tiefe des Entwicklungstraumas zeitlich sehr unterschiedlich verlaufen kann. Oft müssen wir erstmal unsere Probleme erkennen, die Ursachen verstehen, und dann können wir uns meist erst öffnen, an uns zu arbeiten, unsere Denkstile und Verhaltensmuster zu verändern. Folgende Schritte habe sich als wirksam für meine Heilung erwiesen:

  • Psychotherapie, wenn es mir wieder schlechter geht
  • Erkenntnis, was in der Kindheit schwierig war und Dich selber besser verstehen
  • Wissen über das seelische Krankheitsbild, schneller Erkennen und Prophylaxe lernen
  • Lernen, die eigenen Emotionen und automatisierten Gedanken zu verstehen
  • Lernen, Trauer und andere belastende Emotionen zu akzeptieren und damit besser umzugehen
  • Lernen von Selbstregulation – mit Entspannungsmethoden und Atmung
  • Aufbau eines eigenen Selbstbildes – unabhängig von der Meinung der Eltern
  • Stoppen der Selbstabwertung, wenn ich wieder in ein Kindheitsmuster gestolpert bin.
  • Entwicklung eines eigenen Kompasses für mehr eigenes Wohlbefinden.
  • Trainieren von Achtsamkeit
  • Überprüfung der eigenen Normen und Werte, oft gut verborgen als automatisierten Gedanken
  • Formulierung neuer Denkansätze, die der Erreichung der eigenen Lebensziele dienlicher sind
  • Aufbau eines in Krisen dienlicheren Selbstwertkonstruktes
  • Systematisches Umlernen durch individuell passende Übungen

Tappe nicht immer wieder in Deine Kindheitsfalle. Therapie fordert uns und ist auch schmerzhaft. Dann ist es aber gerade gut, sich nicht zurückzuziehen. Es ist wichtig, zu akzeptieren, dass Du einen Lernprozess vor Dir hast, der Geduld braucht. Und es ist auch nicht peinlich, wenn Du Dinge umlernen oder erstmalig lernen musst. Unser Gehirn erlaubt uns bis ins hohe Alter zu lernen und uns weiter zu entwickeln. Und peinlich sind nur die Menschen, die Emotionen oder Therapie für eine Schwäche halten. Oder seelisch erkrankte Menschen abstempeln. Merke: Jede:r kann mal in seelische Turbulenzen geraten, wenn wir durch traumatische Ereignisse überfordert sind. Und dann ist Hilfe notwendig und überhaupt nicht peinlich, sondern sogar lebensrettend.

Warum ist die „Integrative kognitive Verhaltenstherapie“ besonders wirksam, wenn Du nicht weiterkommst?

Integrative kognitive Verhaltenstherapie (IKVT) – das klingt zunächst einmal kompliziert, oder? Aber keine Sorge: Hier geht es um eine sehr effektive Methode, die uns dabei hilft, unsere Probleme besser zu verstehen und diese wirksam zu verbessern.

Durch Gespräche mit einem geschulte:n Therapeuten:in können wir unsere Gedankenmuster erkennen und verändern – ganz ohne Medikamente!

Dabei spielt die Integrative kognitive Verhaltenstherapie (IKVT) nach Harlich H. Stavemann eine besondere Rolle bei der Behandlung von seelischen Problemkreisen, die sich in Kindheit und Jugend entwickelt haben. Denn sie arbeitet an den Ursachen und zeigt uns rasch unsere unvorteilhaften Denkstile auf.

Diese Form der Therapie kombiniert verschiedene Techniken aus unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen; so wird zum Beispiel auch Achtsamkeitstraining integriert, und mit den Instrumenten des sokratischen Dialogs fördern wir auch die Selbsterkenntnis. Wieso ist das wichtig? Weil dadurch auf individuelle Bedürfnisse, Werte und Ziele eingegangen werden kann – schließlich ist jeder Mensch anders!

Ein wichtiger Punkt in der IKVT ist das Erkennen von Emotionen und den sogenannten dysfunktionalen Denkstilen. Also jenen inneren Stimmen, unbewussten, automatischen Gedanken oder Normen, die uns dazu bringen, uns selbst immer wieder schlechtzumachen, nicht sorgsam in Krisen mit uns umzugehen, uns nieder zureden oder unrealistische Anforderungen an uns selbst zu stellen. Oder mit tief eingeübten Verhaltensmustern schädlich reagieren in Krisensituationen bzw. unsere vorhandenen Ressourcen nicht mehr sehen. Letztlich steigen wir aus der Kindheitsfalle aus.

Wie oft ertappen wir uns dabei zu denken: „Ich darf nicht traurig sein“, „Sich Hilfe zu holen, ist ein Zeichen von Schwäche“, „Ich muss immer perfekt sein“ oder „Wenn ich Fehler mache oder seelisch erkrankt bin, bin ich nichts wert“? Diese inneren Antreiber gilt es im Rahmen der Therapie bewusst zu machen und durch neue Sichtweisen abzulösen. Dadurch können Betroffene lernen, sich selbst besser wertzuschätzen und ihre eigenen Fähigkeiten realistischer einzuschätzen und ihre schädlichen Verhaltensmuster zu verändern. Wir erreichen mit veränderten Denkstilen dann eher unsere Lebensziele.

Psychotherapie entfaltet Wirkung

Die Wirksamkeit von Psychotherapie ist heute übrigens in unzähligen wissenschaftlichen Studien längst nachgewiesen und auch Therapieformen entwickeln sich stetig weiter und werden verbessert.

Der „Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie“ begutachtet nach §11 Psychotherapeutengesetz die verschiedenen Therapieformen in ihrer Wirksamkeit. Dort ist auch die Wirkung von Verhaltenstherapie begutachtet worden. Hier kannst Du die Gutachten zu verschiedenen Methoden nachlesen: https://www.wbpsychotherapie.de/gutachten

Als Heilpraktiker für Psychotherapie besitze ich die berufliche Freiheit, auf die jeweils besten Formen zurückzugreifen und so einen individuell passenden Behandlungsplan aufzustellen. Und Du bekommst als Selbstzahler:in rasch einen Termin und musst nicht Monate warten. Gleichzeitig bilde ich mich stetig am Institut für Integrative Verhaltenstherapie in Hamburg fort. Die Fortbildung ist übrigens von der Psychotherapeutenkammer Hamburg anerkannt. Zur steten Verbesserung meiner therapeutischen Arbeit nutze ich dort auch die Möglichkeit einer Supervision. Denn man sollte nie aufhören, mehr zu lernen.

Mein Tipp für Deine Psychotherapie-Suche: Mach es nicht wie beim Überraschungsei, wo man erst nach dem Öffnen weiß, was man erhält. Sondern schaue Dir gründlich die Ausbildungsqualität an und frage auch ruhig mal nach dem letzten Fortbildungstermin. Qualität und Überprüfung ist wichtig in der Psychotherapie.

Literaturtipps

Harlich H. Stavemann: Im Gefühlsdschungel – emotionale Krisen verstehen und bewältigen, Beltz-Verlag, 6. Auflage, mit Online-Material

Was ist Integrative KVT: Institut für Integrative Verhaltenstherapie, Hamburg

Alice Miller: „Drama des begabten Kindes“

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